Pressemitteilung | connect!-Open Air 2023 wird aufgrund unverhältnismäßigen Polizeiaufgebots abgesagt

30.08.2023, Reutlingen – Das für dieses Jahr geplante connect! Open Air 2023 wurde abgesagt. Geplant war ursprünglich ein zweitägiges Kultur-Open Air mit 1.000 Personen, verschiedenen Musikrichtungen auf zwei Bühnen, Kultur-Performances und Workshops auf dem Gelände des Umweltbildungszentrums Listhof – mehr dazu siehe unten. Die Veranstalter:innen haben das Open Air abgesagt, da die behördlichen Maßnahmen in diesem Jahr und das Polizeiaufgebot in den vorherigen Ausgaben des Festivals in einem Missverhältnis zur Veranstaltung selbst standen. Diese Entscheidung fiel dem gemeinnützigen Verein nicht leicht, doch sie sehen sie als notwendig an, um die Integrität und den Geist des Open Airs zu bewahren. 

Die Organisator:innen des connect!-Open Airs haben in den vergangenen Jahren mit den Ordnungsämtern, der Feuerwehr, sowie der Polizei im Vorfeld kooperiert, um die Sicherheit der Veranstaltung zu gewährleisten. Dabei wurde ein umfassendes Sicherheitskonzept erarbeitet, das den Schutz der Gäste in den Mittelpunkt stellte, auch wenn solch ein Sicherheitskonzept laut Versammlungsstättenverordnung in der Regel erst ab einer Kapazität von 5000 Besucher:innen gesetzlich gefordert wird. Trotzdem sahen sich die Veranstalter:innen immer wieder mit unverhältnismäßigen und für die Festivalatmosphäre störenden Polizeieinsätzen konfrontiert. Und das obwohl es auf keinem der Open Airs wissentlich zu Straftaten wie Gewalt- oder Diebstahldelikten kam.

Eine chronologische Aufarbeitung der vergangenen Jahre zeigt, dass das Open Air in den vergangenen Jahren mit polizeilichen Maßnahmen überzogen wurde. Das angehängte Statement des Vereins geht detaillierter auf die Vorkommnisse aus 2018 und 2019 ein.

In diesen Jahren ähnelten die Ereignisse einem Muster: unverhältnismäßige Polizeieinsätze, Intimität verletzende Kontrollen und ein durch den Verein empfundener Mangel an Deeskalation seitens der Polizei, sowie anlasslose Kontrollen der Gäste ohne konkreten Verdacht.

Diese und weitere Vorkommnisse, wie das anlasslose Bestreifen auf dem Festivalgelände, waren für die Veranstalter:innen auf Grund der Erfahrungen aus den letzten beiden Veranstaltungen in diesem Jahr nicht hinnehmbar. Hierzu äußert sich der vom connect! e.V. mandatierte Rechtsanwalt Michael Liesegang von der Rechtsanwaltskanzlei Dombert Rechtsanwälte Part mbB zum diesjährigen Festival: „Eine Rechtsgrundlage für anlassloses Bestreifen auf dem Veranstaltungsgelände des connect! – Open Air 2023 durch Polizeikräfte in Uniform oder zivil besteht nicht. Weder das Polizeirecht noch das sonstige Gefahrenabwehrrecht deckt ein solches Vorgehen.“ Weiterhin betont er, dass präventive Überwachungsmaßnahmen unverhältnismäßig in die Freiheitsgrundrechte eingreifen. 

Die Stadt Reutlingen hatte eine Nebenbestimmung in die Ordnungsverfügung aufgenommen, die anlassloses Bestreifen ermöglicht hätte. Dieses Vorgehen wurde von den Veranstalter:innen als rechtswidrig angesehen, da es  nach deren Ansicht nicht im Einklang mit den rechtlichen Bestimmungen steht. 

Trotz mehrerer Versuche, eine kooperative Zusammenarbeit mit der Polizei zu etablieren, konnten die Veranstalter:innen keine angemessene Verständigung erzielen. In diesem Jahr wurden zwar Zugeständnisse seitens der Polizei gemacht, wie die Nicht-Einsetzung einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit, doch diese verhinderten nicht, dass die Polizeipräsenz und -aktionen als belastend für die Festivalatmosphäre empfunden werden. Die Veranstalter empfinden es als kein Entgegenkommen, wenn eine Einheit, die normalerweise bei Fußballspielen mit Hooligan-Präsenz eingesetzt wird, in diesem Jahr bei ihrer Kulturveranstaltung nicht zum Einsatz kommt. 

Ein weiteres Entgegenkommen der Polizei, sei die im Vergleich zu 2019 reduzierten Anfahrtskontrollen. Diese stellen aus Sicht des Vereins kein Entgegenkommen dar, da insbesondere der unverhältnismäßige Einsatz von Beamt:innen auf dem Gelände kritisiert wird. Die Sicherheit auf dem Veranstaltungsgelände, sowie die Umsetzung der Platzordnung liegen allerdings in der Verantwortung der Veranstaltenden und des professionellen Sicherheitsdienstes und nicht in der Zuständigkeit der Polizei. 

Die kürzlich veröffentlichte Pressemitteilung der Polizei, in der Bedenken geäußert wurden, dass auf dem connect! Open Air 2023 Minderjährigen Drogen verkauft werden könnten, soll hiermit kommentiert werden. Die Veranstalter:innen des connect! Open Air nehmen dazu Stellung und erläutern das umfassende Sicherheitskonzept, das bereits im Vorfeld mit den Behörden besprochen wurde. 

Das Sicherheitskonzept des connect!-Open Airs beinhaltet explizit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, Dienstanweisungen an den Sicherheitsdienst (bspw. Taschenkontrollen), zum Jugendschutz und zur allgemeinen Sicherheit der Festivalgäste. So wurde bereits im Voraus klar kommuniziert, dass Minderjährige nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Zutritt zum Festivalgelände erhalten. Dies stellt sicher, dass der Jugendschutz bestmöglich gewährleistet ist. Diese Regelung wurde bewusst gewählt, um potentielle Gefahren für Minderjährige zu minimieren. Aus diesem Grund wurde auf die Zulässigkeit von sogenannten „Muttizetteln“ verzichtet. 

Des Weiteren wurde in diesem Jahr die „Wilde Wiese“ (Kinderspace) auf dem Festivalgelände als rauchfreie Zone ausgewiesen. Dieser Schritt wurde unternommen, um die kleinen Gäste noch besser zu schützen. Die Veranstalter:innen legen großen Wert darauf, dass das Open Air für alle Altersgruppen ein sicherer und angenehmer Ort ist, an dem sich Gäste jeglichen Alters wohlfühlen können. 

Zusätzlich zum professionellen Sicherheitsdienst ist auf dem connect!-Open Air auch ein Awareness-Team aktiv. Dieses speziell geschulte Team hat die Aufgabe, sensibel auf besondere Situationen zu reagieren, Gästen bei Fragen oder Anliegen zur Seite zu stehen und eine respektvolle Atmosphäre zu fördern.  

Der Tübinger connect! e.V., der das Open Air veranstaltet, betont, dass die Absage nicht leichtfertig erfolgt. Das Ziel des Vereins war es stets, eine Plattform für Kunst, Kultur und Musik zu bieten, in der Offenheit, Toleranz und Solidarität im Mittelpunkt stehen. Die Sicherheit der Gäste war stets eine Priorität, jedoch wurden die unverhältnismäßigen Polizeimaßnahmen zu einem ernsthaften Problem, das die Festivalatmosphäre beeinträchtigte. Die Entscheidung der Absage wird von einem Großteil der Gäste befürwortet und für richtig angesehen, wie zahlreiche Kommentare unter dem Absage-Post auf Instagram bestätigen: https://www.instagram.com/p/CwGWQrzrxvP/  

Was war geplant 

Das connect! Open Air 2023 sollte am 1. und 2. September 2023 im idyllischen Umweltbildungszentrum Listhof in Reutlingen ein unvergessliches Erlebnis bieten. Nicht als Party, sondern als vielseitiges Kulturevent: Geplant waren zwei Tage voller Musik, Begegnungen und kreativer Ausdrucksformen. Die Veranstaltung sollte auf zwei Bühnen ca. 900 erwartete Besucher:innen zum Tanzen bringen. Dieses Jahr sollte das beliebte Open Air im Vergleich zur vorherigen eintägigen Ausgabe von 2019 erweitert werden, und bereits am Freitag starten. Internationale und regionale Acts wie das neuseeländische Psychedelic Rock Duo Earth Tongue sowie die Band Komfortrauschen aus Berlin waren für den Auftakt angekündigt. Der Samstag versprach ein elektronisches Erlebnis in regional und national bekannten DJs und LiveActs in gewohnter Form zu werden. 

Das Wochenende sollte jedoch mehr bieten als Musik. Besucher:innen sollten sich auf vielfältige künstlerische Darbietungen freuen können, darunter die Show von Travestiekünstlerin Gina Gloria aus Berlin, das Figurentheater Puppets and me, die audiovisuelle Kunstinstallation Talking Trees sowie Stelzenläufer:innen und zahlreiche andere Entdeckungsmöglichkeiten. Außerdem war ein Erlebnis für die ganze Familie geplant, mit Kinderprogramm, ausgesuchten kulinarischen Ständen sowie einem Markt mit Handgemachtem aus der Region.  Für jene, die Entspannung und körperliches Wohlbefinden suchten, waren Yoga Sessions geplant, um neue Energie zu tanken. Kreative Workshops wie Jonglieren und Hula-Hoop boten eine Möglichkeit zur aktiven Teilnahme. 

Für weitere Informationen und Interviews stehen wir gerne zur Verfügung.

presse@connect-ev.de